Ein Jahrzehnt am gleichen Antriebsstrang
Zehn Jahre Audi Urquattro Club Österreich
So revolutionär der Urquattro auf der Straße, und so glorreich seine sportliche
Vergangenheit auch gewesen sein mag – es gab Zeiten, da zählte das alles nicht. Vor zehn
Jahren zum Beispiel, als Audis Sportcoupé die dunkelste Phase seines Autolebens
durchschritt, den langsamen Übergang vom alltäglichen Nutztier zum exotischen Zierfisch.
Seinerzeit war er nicht mehr wirklich neu, preislich ziemlich am Boden und – was besonders
schlimm war – vom Status eines richtigen Kultfahrzeuges noch zu weit entfernt. Man musste
also schon ein echter Enthusiast sein, um sich für den Urquattro begeistern zu können. Der
gewisse Weitblick war wichtiger denn je, und diese Sichtweise schweißt natürlich zusammen.
Entsprechend suchte man gleich Gesinnte, und wie geht das leichter, als in einem Club?
Als im September 1998 der Urquattro Club Österreich gegründet wurde, wagte noch niemand,
über ein zehnjähriges Jubiläum nachzudenken. Im Gegenteil: eigentlich wurde der Club sogar
zehn Jahre zu spät gegründet, wenn man bedenkt, wie alt der Urquattro zu dieser Zeit schon
war. Zu einer Zeit, als Internet noch als Privileg galt, freute man sich erst mal,
zueinander gefunden zu haben. Schnell wuchs die Besatzung und der Verein begann sich
langsam als zentrale Anlaufstelle für das Thema Quattro in Österreich zu entwickeln.
Oder vereinfacht gesagt: Man war froh über den offiziellen Rahmen für eine Sache, die
unabhängig von modischen Strömungen und Marktwerten funktioniert. Für ein Auto, das zu
Lebzeiten als knuffig galt, und erst, mit dem Alter aber immer jünger zu werden scheint.
Für eine Fahrmaschine, die Maßstäbe setzte – und sie immer noch erfolgreich verteidigt.
Für einen gemeinsamen Nenner, der, lange Zeit verborgen, nun immer stärker zum Vorschein
tritt. Für eine Leidenschaft, die einen immer wieder begeistert, und andere ansteckt. Für
ein Kultobjekt, das zeigt, dass nicht alles kurzlebig sein muss, was vier Räder hat. Dass
Clubleben aus mehr besteht als nur einer schicken Homepage. Und für den Grund für die
Erkenntnis, dass Passstraßen, Autobahnen, Rundkurse oder 402 Meter genau so wie im Flug
vergehen können wie zehn Jahre Clubgeschichte: Quattro.
Kompakte Geballtheit – von elf Jahren in vier Wänden
Einen Quattro kann man kaufen, restaurieren, missbrauchen,
streicheln, mitunter damit sogar fahren, wegsperren oder schlicht nur besitzen. Nur reicht
das manchen nicht. Wer das ganze Package aufsaugen möchte, wer Quattro also wirklich
lebt, gibt sich damit nicht zufrieden. Nicht mit einem Quattro, nicht nur mit ganzen
Autos, und schon garnicht mit Autos allein.
Dennoch ist das Museum nicht unübersichtlich. Man verliert sich in der Sache, aber nie
den Überblick. Alles scheint in Griffweite. Nichts wirkt fremd und es ist wie die Begegnung
mit einem Freund, den man schon ewig nicht mehr gesehen hat, und man eingestehen muss,
dass er sich wesentlich besser gehalten hat, als man selbst.
Nur wer also die nötige Geduld, zähe Ausdauer und die ewig währende Liebe zu diesen
Autos hat, schafft es, ihnen ein eigenes Denkmal zu setzen: das Urquattro-Museum. So
faszinierend die Exponate auch sein mögen; erst die Menge an Fahrzeugen haut einen
wirklich um, macht den Eindruck fast schon etwas surreal. Ein paradiesisches Erlebnis,
wie ein Schrein des automobilen Individualismus, lange nach dem jüngsten Tag. Das sanfte
Licht, das die weißen Wände reflektieren, lässt die Audis ganz friedlich erstrahlen.
Keiner wirkt dominant platziert oder drängt sich vor. Jeder fügt sich harmonisch in die
Horde ein, wodurch erst der gleichmäßige Knockout-Effekt der Sammlung entsteht. Zu leben
beginnt das ganze erst durch die Atmosphäre drumherum. Durch Schilder, Reklame, durch
strahlende Vitrinen, die alles beherbergen und mit zahllosen Exponaten zusammen eine
Geschichte erzählen: Wie aus einer Idee ein Auto, ein Sportgerät, Literatur-Grundlage,
Spielzeug-Idol oder eine immerwährende Leidenschaft wurde.
Wer sich so durch die Sammlung arbeitet, die Vitrinen in aller Ruhe ansieht, kann erst
begreifen, wieviel Arbeit hinter einer derartigen Sammlung wirklich steckt. Es reift die
Erkenntnis, dass man sowas nicht sammeln kann. Sowas sammelt sich an, über Jahre, mit viel
Disziplin und einem unendlichen Drang nach mehr. Nach Exponaten, die es schon lange nicht
mehr zu kaufen gibt, entfallen sind oder überhaupt nie offiziell im Handel erhältlich
waren. Und erst wer diese Akribie und Logik entdeckt, beginnt langsam zu verstehen, dass
hier mehr als nur ein Museum steht. Es ist ein Lebenswerk. Vom Quattro. Für den Quattro.
Das unglaubliche am Urquattro ist die geballte Ladung Historie. Die Menge an Anekdoten und
Geschichten, die sich in nur elf Jahren ansammeln konnten, ergeben ein unglaublich
intensives und kurzweiliges Autoleben. Schnell leben, früh sterben, ein Leben wie ein
Rockstar. Und diese geballte Dichtheit ist es, die das Urquattro-Museum auch besitzt.
Und deswegen so gut zu den Jahren des Urquattro passt.
Text: Roland Scharf